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Heinz Sigmund erinnert an die Lebensgeschichte des Mannheimer Juden Jochanan Valfer

Vortrag - Lesung - Gespräch

Am 20. Oktober 2025 stand allen unseren neunten Klassen wieder einmal Pfarrer Heinz Sigmund als bewährter Gesprächspartner zur Verfügung. Zwei Jahre ist es her, da war er das letzte Mal bei uns am UGM. Damals - aus aktuellem Anlass - unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023. Er war kürzlich noch in Israel und kennt sich dort bestens aus - mit Land und Leuten und mit der gesellschaftlichen und politischen Situation [heinz-israelblog.de]. Dieses Mal stand sein damals bereits angekündigter, inzwischen erschienener eigener "bedeutsamer Beitrag zur Erinnerungskultur unserer Stadt" (Christian Specht) im Mittelpunkt des Vormittags. In seinem Buch "Von Karl-Heinz zu Jochanan. Der Weg eines Mannheimer Jeckes" (Mannheim 2024) zeichnet er den Lebensweg des von den Nazis verfolgten Juden Jochanan Valfer nach und erzählt zudem auch die Geschichte von dessen Bruder Gerhard Valfer.

Die Veranstaltung fand im Rahmen unserer alljährlichen AUV-Woche statt. In dieser Woche beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler aller neunten Klassen jedes Jahr intensiv mit dem Thema "Nationalsozialismus". Dazu gehören auch eine Fahrt in die KZ-Gedenkstätte Dachau und ein Besuch im NS-Dokumentationszentrum München.

Heinz Sigmund schilderte in seinem einführenden Vortrag zunächst, wie Karl-Heinz Valfer in seiner Jugend hier in Mannheim als Jude die Nazizeit erlebte, bis er nach Palästina auswandern konnte.Im Anschluss daran lasen Schüler das bewegende dritte Kapitel "Dänemark und Theresienstadt", das von einer bedrückenden Zeit im Leben seines Bruders Gerhard Valfer handelt und Einblick gewährt in das, was Deportation und das Leben im Konzentrationslager wirklich bedeuteten. Das anschließende Gespräch mit den vielen Fragen zeigte, dass das Thema die Jugendlichen an unserer Schule berührt und auch in der jungen Generation offenbar ein echtes Interesse besteht, die Geschehnisse in der NS-Zeit zu verstehen. Sie wollen verstehen, wie es damals war. Da ihnen im Grunde genommen die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen fehlen, ist es umso wichtiger, dass sie solche authentischen Stimmen, wie die von Jochanan und Gerhard Valfer, wenigstens - glaubhaft vermittelt - hören können. So wurde an diesem Montagvormittag erzählerisch anschaulich geschildert, was in der NS-Zeit mit Menschen geschehen ist.

Gleich zu Beginn des thematischen Blocks mit Heinz Sigmund (Vortrag, Lesung, Gespräch) wurde im Rückgriff auf ein längeres Zitat eines bekannten Theologen darauf hingewiesen, wie wichtig solche Veranstaltungen zur "wohl schlimmsten Zeit Deutschlands" für unsere Schülerinnen und Schüler sind, "damit das Geschehene" - auch und gerade das, was hier in Mannheim geschehen ist - "nicht vergessen, sondern an künftige Generationen weitergegeben wird. Dieses Nichtvergessen ist die unbedingte Voraussetzung dafür, dass man aus der Geschichte lernt und nicht immer wieder in die gleichen Fallen, schlimmen Mechanismen und Abgründe gerät." Nur wenn die Geschichte der Judenverfolgung und weiterer schrecklicher Verfolgungen im Dritten Reich auch bei denen, die keine Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mehr kennen, nicht in Vergessenheit gerät, sondern lebendig im Bewusstsein bleibt (mit all den Konsequenzen, die sich aus diesem bewussten Erinnern ergeben), besteht die Chance, dass "ihnen die Schrecklichkeiten der noch gar nicht so lange zurückliegenden Geschichte erspart bleiben" - so Gisbert Greshake im Vorwort seines Buches "Kindheit in schwerer Zeit. Judenverfolgung - Nazi-Regime - Zweiter Weltkrieg" (St. Ottilien 2025). Wenn ein großer Theologe unserer Zeit in hohem Alter seine letzte Schrift "den jetzt lebenden jungen Leuten" widmet und gerade im Blick auf sie und ganz besonders für sie schreibt, will er ihnen damit sagen: In Zukunft kommt es jetzt entscheidend auf euch an, ob in unserem Land noch einmal geschieht, was niemals mehr geschehen darf.

Dr. Bernd J. Claret
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