Likratinos zu Besuch am UG
Projekt in den 9. Klassen : „Kirche und Nationalsozialismus“
Es ist schon seit Jahren im Ursulinen-Gymnasium Tradition, den Themenbereich „Nationalsozialismus- Judenverfolgung-Rolle der Kirchen“ in einem fächerübergreifenden Projekt zu behandeln. In den Fächern Geschichte und Religion sind diese Themen im Lehrplan für der 9.Klasse vorgesehen (G9: 10. Klasse).
Zu den „Bausteinen“ in diesem Schuljahr gehören eine Studienfahrt zur Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers in Dachau, die Teilnahme an Gedenkveranstaltungen zum 70.Jahrestag der Deportation der Mannheimer Juden nach Gurs, sowie die Begegnung mit jüdischem Leben heute. „Begegnung“ ist auch die Bedeutung des hebräischen Wortes „Likrat“. Zugleich ist Likrat der Name für ein Projekt, das in der Schweiz entstand und seit einigen Jahren auch in Deutschland, besonders in Baden-Württemberg, praktiziert wird. „Einander begegnen und miteinander reden“ statt „theoretisch übereinander reden“ könnte man das Anliegen der Initiative zusammenfassen. Das Besondere der Begegnung unserer 9. Klassen mit den „Likratinos“ in diesem Schuljahr wird sein, dass sie zweimal stattfindet: Jetzt zu Beginn und am Ende des Schuljahres noch einmal zum Abschluss des Projektes. Am vergangenen Freitag, dem 15.Oktober, war es so weit: In Begleitung der beiden „Coaches“ Frau Benizri und Frau Dr.Graf waren Michelle (aus Mannheim), Svetlana (aus Neustadt), Jonathan und Michael (beide aus Heidelberg) in unserer Schule zu Gast. In zwei großen Gruppen „begegneten“ sie unseren Schülerinnen und Schülern bei lebendigen und spannenden Gesprächen.
Heinz Sigmund
Einen eindrucksvollen Einblick in das Gespräch mit Michelle und Jonathan gibt der folgende Bericht von Cosi Ehrler ...
„Man wird kein Jude – Man ist Jude!“ –
Am Freitag, den 15. Oktober besuchten jüdische Schüler und Studenten im Rahmen des Religionsunterrichtes die Klassenstufe 9.
Als wir die Woche zuvor im Religionsunterricht erfuhren, dass uns Likratinos und Likratinas besuchen würden, stellte sich uns zunächst die Frage, was denn nun Likratinos überhaupt sind, doch dies erfuhren wir bereits eine Woche später. Jonathan, ein Student aus Heidelberg und Michelle, eine Schülerin aus Mannheim erklärten uns nach einer freundlichen Begrüßung, dass Likratinos jüdische Schüler und Studenten sind, die sich wie sie bereiterklärt haben, das Judentum im Team an Schulen vorzustellen.
„Koche nicht ein Zicklein in der Milch seiner Mutter“ – Fleischiges und Milchiges
Jonathan war zunächst erstaunt über die Frage, warum die Biene ein unreines Tier sei. Er erklärte, dass im Judentum alle Insekten unkoschere Tiere seien, Juden Honig allerdings essen dürfen, da er als Produkt der Blüte angesehen wird. Nun fragten wir uns, was denn „koscher“ und „koscheres Essen“ überhaupt seien. Jonathan erklärte uns, dass es verschiedene „Speisegesetze“ in der Thora, die mit der Bibel zu vergleichen ist, gibt, wie z.B. die Unterscheidung von erlaubten und nicht erlaubten Tieren, das Verbot des Blutgenusses und die Trennung von Fleisch und Milch. Koscheres Essen ist alles, was gemäß dem religiösen Gesetz hergestellt oder zubereitet wurde. Das heißt, dass fleischige und milchige Speisen nicht zusammen gegessen und gekocht werden dürfen; Parwe, also neutrale koschere Lebensmittel wie Gemüse, Eier, Fisch, usw. zusammen mit Milch und Fleischprodukten eingenommen werden dürfen und noch viele Gesetze mehr.
„Man wird kein Jude, man ist Jude“
Jonathan erklärte uns, dass man automatisch Jude ist, wenn die Mutter auch jüdisch ist. Wenn man allerdings in eine andere Religion hineingeboren wurde, gibt es die Möglichkeit, sich doch zum jüdischen Glauben zu bekennen, was sich allerdings als sehr kompliziert erweist, da man sich drei Jahre lang eine Absage von einem Rabbiner erteilen lassen muss. Erst nach der dritten Absage, wenn sich der Rabbiner bereiterklärt, zum Lehrer des Betroffenen zu werden, beginnt die Konversion. In den nächsten zwei bis drei Jahren lernt man hebräisch und alle Traditionen und Feiertage im Judentum. Wenn der Rabbiner glaubt, dass man genügend Wissen über den jüdischen Glauben besitzt, tritt man vor ein dreiköpfiges Rabbinat und muss sich vor diesem verantworten. Hat man die Prüfung bestanden wird man als Mann beschnitten und taucht in der Mikwe, dem jüdischen „Taufbecken“, unter. Nun ist man ein Jude und damit ein Mitglied des Volkes Israel.
Sabbat und seine Regeln
Michelle erzählte uns, dass sie am Sabbat meist in die Synagoge geht, man am Sabbat aber auch lesen, essen, beten, schlafen und eingeschränkt Sport machen darf. Man darf auch keine Schularbeiten verrichten, oder für Arbeiten lernen. Sie erzählte uns, dass es vielen Kinder und Jugendlichen schwer fällt, sich an die vielen Gesetze und Regel am Sabbat zu halten, da man keine elektronischen Medien benutzen darf. Man darf auch kein Licht einschalten, da wenn sich der Stromkreis schließt, ein kleiner Blitz entsteht, welcher auch als Arbeit zählt. Jonathan erzählte uns aber mit einem Augenzwinkern, dass wenn der Fernseher oder das Licht per Zeitschaltuhr eingeschaltet werden, man keine Arbeit verrichtet. Allerdings, so Jonathan, bedeutet der Sabbat für ihn Freude und Freiheit, auch ist es ein gutes Gefühl „einfach mal nichts zu tun.“ Alle Gesetze, mit Ausnahme von Inzest, Töten und Götzendienst dürfen nur gebrochen werden, wenn es sich um die Rettung eines Menschenlebens handelt.
Wir waren alle sehr überrascht, dass es so viele Regeln gibt, die je nach Strenge eingehalten werden, und bekamen so einen neuen interessanten Einblick in das Judentum.
Cosi Ehrler, 9c
Es ist schon seit Jahren im Ursulinen-Gymnasium Tradition, den Themenbereich „Nationalsozialismus- Judenverfolgung-Rolle der Kirchen“ in einem fächerübergreifenden Projekt zu behandeln. In den Fächern Geschichte und Religion sind diese Themen im Lehrplan für der 9.Klasse vorgesehen (G9: 10. Klasse).
Zu den „Bausteinen“ in diesem Schuljahr gehören eine Studienfahrt zur Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers in Dachau, die Teilnahme an Gedenkveranstaltungen zum 70.Jahrestag der Deportation der Mannheimer Juden nach Gurs, sowie die Begegnung mit jüdischem Leben heute. „Begegnung“ ist auch die Bedeutung des hebräischen Wortes „Likrat“. Zugleich ist Likrat der Name für ein Projekt, das in der Schweiz entstand und seit einigen Jahren auch in Deutschland, besonders in Baden-Württemberg, praktiziert wird. „Einander begegnen und miteinander reden“ statt „theoretisch übereinander reden“ könnte man das Anliegen der Initiative zusammenfassen. Das Besondere der Begegnung unserer 9. Klassen mit den „Likratinos“ in diesem Schuljahr wird sein, dass sie zweimal stattfindet: Jetzt zu Beginn und am Ende des Schuljahres noch einmal zum Abschluss des Projektes. Am vergangenen Freitag, dem 15.Oktober, war es so weit: In Begleitung der beiden „Coaches“ Frau Benizri und Frau Dr.Graf waren Michelle (aus Mannheim), Svetlana (aus Neustadt), Jonathan und Michael (beide aus Heidelberg) in unserer Schule zu Gast. In zwei großen Gruppen „begegneten“ sie unseren Schülerinnen und Schülern bei lebendigen und spannenden Gesprächen.
Heinz Sigmund
Einen eindrucksvollen Einblick in das Gespräch mit Michelle und Jonathan gibt der folgende Bericht von Cosi Ehrler ...
„Man wird kein Jude – Man ist Jude!“ –
Am Freitag, den 15. Oktober besuchten jüdische Schüler und Studenten im Rahmen des Religionsunterrichtes die Klassenstufe 9.
Als wir die Woche zuvor im Religionsunterricht erfuhren, dass uns Likratinos und Likratinas besuchen würden, stellte sich uns zunächst die Frage, was denn nun Likratinos überhaupt sind, doch dies erfuhren wir bereits eine Woche später. Jonathan, ein Student aus Heidelberg und Michelle, eine Schülerin aus Mannheim erklärten uns nach einer freundlichen Begrüßung, dass Likratinos jüdische Schüler und Studenten sind, die sich wie sie bereiterklärt haben, das Judentum im Team an Schulen vorzustellen.
„Koche nicht ein Zicklein in der Milch seiner Mutter“ – Fleischiges und Milchiges
Jonathan war zunächst erstaunt über die Frage, warum die Biene ein unreines Tier sei. Er erklärte, dass im Judentum alle Insekten unkoschere Tiere seien, Juden Honig allerdings essen dürfen, da er als Produkt der Blüte angesehen wird. Nun fragten wir uns, was denn „koscher“ und „koscheres Essen“ überhaupt seien. Jonathan erklärte uns, dass es verschiedene „Speisegesetze“ in der Thora, die mit der Bibel zu vergleichen ist, gibt, wie z.B. die Unterscheidung von erlaubten und nicht erlaubten Tieren, das Verbot des Blutgenusses und die Trennung von Fleisch und Milch. Koscheres Essen ist alles, was gemäß dem religiösen Gesetz hergestellt oder zubereitet wurde. Das heißt, dass fleischige und milchige Speisen nicht zusammen gegessen und gekocht werden dürfen; Parwe, also neutrale koschere Lebensmittel wie Gemüse, Eier, Fisch, usw. zusammen mit Milch und Fleischprodukten eingenommen werden dürfen und noch viele Gesetze mehr.
„Man wird kein Jude, man ist Jude“
Jonathan erklärte uns, dass man automatisch Jude ist, wenn die Mutter auch jüdisch ist. Wenn man allerdings in eine andere Religion hineingeboren wurde, gibt es die Möglichkeit, sich doch zum jüdischen Glauben zu bekennen, was sich allerdings als sehr kompliziert erweist, da man sich drei Jahre lang eine Absage von einem Rabbiner erteilen lassen muss. Erst nach der dritten Absage, wenn sich der Rabbiner bereiterklärt, zum Lehrer des Betroffenen zu werden, beginnt die Konversion. In den nächsten zwei bis drei Jahren lernt man hebräisch und alle Traditionen und Feiertage im Judentum. Wenn der Rabbiner glaubt, dass man genügend Wissen über den jüdischen Glauben besitzt, tritt man vor ein dreiköpfiges Rabbinat und muss sich vor diesem verantworten. Hat man die Prüfung bestanden wird man als Mann beschnitten und taucht in der Mikwe, dem jüdischen „Taufbecken“, unter. Nun ist man ein Jude und damit ein Mitglied des Volkes Israel.
Sabbat und seine Regeln
Michelle erzählte uns, dass sie am Sabbat meist in die Synagoge geht, man am Sabbat aber auch lesen, essen, beten, schlafen und eingeschränkt Sport machen darf. Man darf auch keine Schularbeiten verrichten, oder für Arbeiten lernen. Sie erzählte uns, dass es vielen Kinder und Jugendlichen schwer fällt, sich an die vielen Gesetze und Regel am Sabbat zu halten, da man keine elektronischen Medien benutzen darf. Man darf auch kein Licht einschalten, da wenn sich der Stromkreis schließt, ein kleiner Blitz entsteht, welcher auch als Arbeit zählt. Jonathan erzählte uns aber mit einem Augenzwinkern, dass wenn der Fernseher oder das Licht per Zeitschaltuhr eingeschaltet werden, man keine Arbeit verrichtet. Allerdings, so Jonathan, bedeutet der Sabbat für ihn Freude und Freiheit, auch ist es ein gutes Gefühl „einfach mal nichts zu tun.“ Alle Gesetze, mit Ausnahme von Inzest, Töten und Götzendienst dürfen nur gebrochen werden, wenn es sich um die Rettung eines Menschenlebens handelt.
Wir waren alle sehr überrascht, dass es so viele Regeln gibt, die je nach Strenge eingehalten werden, und bekamen so einen neuen interessanten Einblick in das Judentum.
Cosi Ehrler, 9c